Sonntag, 20. Juni 2010

Gerüchte um die Streichung von Lehramt

Mit ihrem Leserbrief in der Landeszeitung hat Frau Garbe eine Diskussion öffentlich gemacht, welche schon länger auf dem Campus geführt wird. Was ist die Zukunft vom Lehramt?
Es gibt eine ganze Reihe von Indizien, welche Skeptiker des aktuellen Präsidiums dazu anleiten, von einer völligen Streichung von Lehramt in wenigen Jahren auszugehen. Hierbei muss besonders erwähnt werden:
- Das Lehramt wird ins Rote Feld verschoben
- Frau Prof. Dr. Garbe wurde kein einziges Angebot unterbreitet, nicht einmal ein schlechtes, um sie hier zu halten.
- Die Berufung von neuen Professuren dauerte in der Initiative Lehrerbildung besonders lange. Monatelang wurde alleine zwischen der Fakultät und dem Präsidium über den Ausschreibungstext gestritten. Nach dem die Ausschreibungen dann fast ein Jahr später wie in der Initiative Nachhaltigkeit erfolgte werden im jetzigen Sommersemester scheinbar noch nicht einmal alle Probevorträge gehalten.
- Es heißt, dass es nur auf fünf Jahre befristete Professuren (W2) geben soll. Damit wird vermutet, dass bis 2016 Leuphana sich von allen Personen wieder trennen kann.
- Viele der Professuren sind für zwei Initiativen einsetzbar. Bei einer Streichung von Lehramt könnten die Personen im Bereich Kultur oder Nachhaltigkeit weiter eingesetzt werden.
- Die Lehrerbildung der drittmittelschwächste Bereich der Universität ist.
- Die typische Kariere eines Absolventen in Bereich Lehrbildung ist nun mal die eines Lehrers. Doch Lehrer zählen seit Jahren nicht mehr zur zukünftigen Elite unserer Gesellschaft. Mit hohen Spendengeldern der „old boys“ kann in diesem Bereich nicht gerechnet werden
- Bei der Neuausrichtung soll das Präsidium schon einmal den Anlauf unternommen haben, Lehramt in Frage zu stellen. Damals wurde es von Hannover genötigt, hier Lehramt zu erhalten. So wurde damals dann Sozialpädagogik dicht gemacht.
- Mangelfächer, wie Physik wurden geschlossen. Die Bildung eines eigenen Profils im Bereich Lehrbildung ist nicht erkennbar. Dies steht im Widerspruch zu der Strategie einer Unternehmerischen Hochschule, wie sie in allen anderen Bereichen gefahren wird.
- Eine Stiftungsratsitzung ist kurzfristig ausgefallen, nachdem es neue Minister in Hannover in diesem Frühjahr gab. Hier scheint der Zeitplan heftig durcheinander gekommen zu sein.
- Das Lehramt in das Leuphana-Studienmodell nicht hinein passt. Es nicht durch frei kombinierbare Minor und Major abgebildet werden kann.

Dies alles sind keine harten Fakten. Manche Sachverhalte könnten auch anders gedeutet werden. Doch in der Summe sind es doch erdrückend viele Indizien. Diese können auch nicht durch eine klare Aussage des Präsidiums so schnell entkräftet werden. Hatten sich doch auch schon früher „Komplettgerüchte“ plötzlich bewahrheitet.
Was den Autor sehr nachdenklich macht sind jetzt nicht so Punkte, wie der Umzug ins Rote Feld. Es kann ja im Umkehrschluss kaum davon ausgegangen werden, dass WP/WR durch ihre Verlagerung zum Campus in ihrer Zukunft deutlich gestärkt wären. Vielmehr gibt es das strukturelle Problem mit dem Studienmodell. Auch wenn hier das Collage Anpassungen an die örtliche Gegebenheiten nehmen musste, das Konzept aus St. Gallen nicht 1:1 übernommen werden konnte, ist Lehramt einfach überhaupt nicht integrierbar. Sondern es läuft völlig parallel. Diese Trennung wurde noch stärker, dass nur noch ganze Module und nicht mehr einzelne Veranstaltungen für andere Studiengänge geöffnet werden dürfen. [1] Lehramt passt nicht in Leuphana. Das wurde auch schon dem Standort Suderburg zum Verhängnis. Betrachtet man weiterhin die vorherrschende Geldnot, was die grundständige Lehre betrifft, welche durch die Eigenanteile, welche für Fördergelder erbracht werden müssen sich sogar noch verschärft, wird es wohl alleine an Hannover bzw. den Landtagsabgeordneten aus dieser Region liegen, ob das Lehramt langfristig bleiben darf.


[1] vgl. §7 Abs. 2 Satz 2 der RPO für Masterprogramme an der Graduate School (http://www.leuphana.de/fileadmin/user_upload/VERWALTUNG/praesidium/intern/intern2010/Gazette_07_10.pdf)

6 Kommentare:

  1. Man könnte auch sagen, dass mit 17 neuen Professuren das Lehramt an der Leuphana besonders stark gefördert wird. Insbesondere vor dem Hintergrund der schlechten Betreuungsverhältnisse in diesem Bereich erscheint das auch vernünftig.

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  2. Sind die 17 Professuren nicht einerseits notwendig, dass Lehramt überhaupt eine Chance auf die Akkreditierung des Studienganges hat? Ist es also die Mindestanzahl!?! Auch muss doch gefragt werden, wie viele Stellen in den letzten Jahren einbehalten wurden? Sind das am Ende mehr Professuren wie es vor dem Hochschuloptimierungskonzept (HOK) waren?

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  3. Vielen Dank für den gut zusammen gefassten Beitrag oben. Ich hätte es nicht besser machen können. Einen kleinen Schönheitsfehler hat er aber: Frau Garbe hat in der Landeszeitung keinen Leserbrief verfasst.

    Richtig ist, dass es am 1. Juni auf Seite 4 einen Artikel gab: "Prof. Garbe verlässt die Universität im Groll". Darin macht sie Präsi Spoun schwere Vorwürfe. Sie wirft ihm Demokratieabbau vor und eine destruktive Machtballung beim Präsidenten. Die Zukunft der Lehrerbildung beurteilt sie pessimistisch, u.a. weil Spoun ihr noch nicht einmal ein Bleibeangebot gemacht hat. Obwohl sie auf einer Kernprofessur in Deutsch sitzt. Sie geht nicht davon aus, dass es in 5 Jahren noch eine Lehrerbildung in LG gibt. Nun verlässt Frau Garbe also die Uni.

    Ihr widerspricht 2 Tage später der Seniorprofessor Quetz (Englisch) in einem Leserbrief ("Kassandrarufe im Bezug auf die Leuphana ohne Substanz"). Er weist auf 17 neue Profs hin und wirft Frau Garbe vor, Angst zu schüren.

    Wer will, kann das im Intranet noch weiter nachlesen:

    http://www.leuphana.de/fileadmin/user_upload/INTRANET/pressestelle/pressespiegel/2010ps/Pressespiegel_2010-06-01_06-01.pdf
    http://www.leuphana.de/fileadmin/user_upload/INTRANET/pressestelle/pressespiegel/2010ps/Pressespiegel_2010-06-02_06-04.pdf

    Der Hinweis von Herrn Quetz mag ja berechtigt sein, allerdings sollte man die Situation im Zusammenhang betrachten: Die Ausschreibung kam nicht von ungefähr! Im Sommer 2008 wurde die Entwicklungsplanung der Uni beschlossen und SozPäd abgeschafft. Kurz vor Weihnachten 2008 wurden viele Professuren in Nachhaltigkeit und Kuwi ausgeschrieben (Management hatte nicht so viele). Nicht aber die der Lehrerbildung. Da war bis ein Jahr später, Oktober 2009, noch nichts passiert! Daraufhin gab es eine Anfrage von Frau Garbe im Senat und der Senat forderte den Präsidenten auf, innerhalb von 4 Wochen die Ausschreibungen umgehend zu veröffentlichen (http://www.leuphana.de/fileadmin/user_upload/INTRANET/senat/protokolle_materialien/091021/45_senat211009protokollGEN.pdf). Bis zum 18.11. war keine Veröffentlichung geschehen und überraschenderweise fiel die Senatssitzung plötzlich aus. Der Präsi hatte sie abgesagt. Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Erst eine Woche nach Ablauf der Frist des Senats wurden dann die Ausschreibungen vorgenommen. Gerüchten zur Folge waren juristische Schritte gegen den Präsidenten schon in der Vorbereitung.

    Das sollte man vielleicht bei der Bewertung der Ausschreibungen berücksichtigen. Und sich fragen: Wie viele Profs wurden in der Lehrerbildung eigentlich bis heute schon berufen?

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  4. Ich würde mir wünschen, dass die derzeitigen Gerüchte sich nicht bewahrheiten werden. Aber irgendwie erinnern mich die Vorgänge zu stark an die Schliessung der Sozialpädagogik.

    Innerhalb der Institution solange Frieden halten wie es geht, Studierenden und Dozierenden den Erhalt des Studienganges solange wie möglich zusichern, nach außen sich schwammig geben und am Ende mit Hilfe einer "externen Exikuteurs" wie dem Land Niedersachsen dann zuschlagen...

    Die Durchführungstaktik scheint eine andere, aber ähnliche: Diesmal soll anscheinend nicht der WKN-Bericht als ausschlaggebendes Argument benutzt, sondern die Akkreditierung...

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  5. Welcher halbwegs klar denkende Studienbewerber wird sich tatsächlich an der Leuphana einschreiben? Zerstrittene Professoren und Hochschulleitung, nicht akkreditierte Studiengänge. Da fallen Marketing und Realität doch weit auseinander!

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  6. Was ich immer wieder spannend finde: 17 neue Professuren klingt doch toll. Interessant ist es, mal in alte Vorlesungsverzeichnisse zu gucken. Dann fällt nämlich auf, wie haufenweise Stellen vorher weggefallen sind, die 17 jetzt sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein und aus der Portokasse zu bezahlen.

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