Samstag, 24. März 2012

Kein Hauch von 68: Viagra der Exzellenzinitiative (2/3)

LeuphanaWatch setzt seine Reihe über den Essay "Kein Hauch von 68" [1] der Senatoren Maset und Steinert im Magazin "Kultur & Gespenster" [2] fort. Sie unternehmen einen "zweistimmigen Versuch zur unlustigen / irrsinnigen / wahnwitzigen Lage an den deutschen Hochschulen" [1] am Beispiel der Leuphana Universität Lüneburg. LeuphanaWatch berichtete in der vergangenen Woche bereits über die von den Senatoren beobachtete Übernahme der Hochschulen. Dass beide Verfasser eine kritische Sichtweise haben dürfte hinlänglich bekannt sein. In dieser Woche steht daher mehr ihre Beobachtung der Situation an der Leuphana Universität Lüneburg im Fokus und weniger die Beurteilung selbiger. Es wird erneut versucht, durch Schlaglichter auf einzelne Passagen eine inhaltliche Annäherung an den Kern des umfangreichen Gesamttextes zu schaffen.

Das Viagra der Exzellenzinitiative
"Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich mitten auf einem Campus und sind umgeben von nagelneuen Luxuskarossen und eleganten Anzugtragenden, die mit einheitlichen Aktentaschen am makellos jungen Körper gen Hörsaal streben. Einlass auf dem Campus wurde Ihnen per identity card gewährt und beim Betreten des Hörsaals bekommen Sie nicht nur eine Gratis-Cola in die Hand gedrückt, sondern auch vor Beginn der Vorlesung einen bunten Werbespot aufs Auge.
Nun stellen Sie sich vor, dass diese verfilmte Satire (www.leuphana.de.vu) aus ursprünglich kritischer Feder stammt, aber vom amtierenden Präsidenten der Leuphana (Universität Lüneburg) als erfolgreiche >>virale Kommunikationsstrategie<< zugunsten der Bildungsanstalt gelobt wird. Vergegenwärtigen Sie sich, dass sich Menschen, die den Film als offizielles Hochschulmarketing interpretierten, locken ließen und sich erst daraufhin an der Hochschule bewarben. Wo befinden wir uns, dass eine solche Ironie das Versagen des deutschen Bildungssystems zugunsten elitärer Allüren dokumentiert?" [3]
Markanter lassen sich die Veränderungen der Leuphana Universität Lüneburg im Zuge der sogenannten "Neuausrichtung" - früher auch "Leuphanisierung" genannt - nicht darstellen. Diese Veränderungen verstehen Pierangelo Maset und Daniela Steinert "gemessen an diskursiven, demokratisch konstituierten Universitäten" als einen "Akt der feindlichen Übernahme." [3] Aber auf welchen Beobachtungen basieren ihre Beurteilungen und Analysen?

Die Senatoren weisen prominent auf das Spannungsfeld zwischen Freiheit und den vor allem organisatorischen Vorgaben der Leuphana Universität Lüneburg hin.
"Die Leuphana will eine wegweisende Einrichtung zur Gestaltung der Zivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts sein, eine Brutstätte von Exzellenz, eine Gemeinschaft, die im Zusammenhalt Großes erreichen will. Dem vermeintlich Freiheitlichen aber korreliert ein Fundament, welches reglementierende, außeruniversitäre Wertigkeiten in die Institution betoniert." [3]
Die vermeintlich freiheitliche Entwicklung wird in ein Zwangskorsett gezwängt. Die Persönlichkeit soll in mundgerechten Häppchen entwickelt werden. Die Vorgaben sollen "fehlerhafte" Entwicklungen verhindern und die Nutzung der Freiheit in eine festgelegte, eine "sinnvolle" Richtung lenken.
"Die emotional bindenden Kernbotschaften der Marke (Leuphana, LW) sprechen den Menschen individuell-persönlich an und erwecken den Schein einer freiheitlichen Selbstverwirklichung. Parallel dazu wird jedoch nicht nur die Zeit der Studierenden und Lehrenden durch getaktete Stundenpläne, überfrachtete Studiensysteme sowie ständige Leistungskontrollen rationiert und besetzt, sondern auch die Persönlichkeit als solche fest definiert: Kompetenzvorgaben zerteilen und reduzieren Menschen auf messbare >>skills<<, die in serviceorientierten und standardisierten Modulen erlernt werden." [4]
Die "Lenkung" der freiheitlichen Entfaltung sowohl von Studenten als auch von Dozenten sehen die Verfasser im Wesentlichen u.a. durch die Notwendigkeiten der Markenbildung begründet. Diese kann leicht scheitern, wenn zu viele Individuen ausscheren.
"(...) die gemeinsame Ausrichtung der Universitätsmitglieder [ist] Voraussetzung dafür, die Marke >>Leuphana<< einheitlich und somit glaubwürdig führen zu können. Die Achillesferse der unternehmerischen Hochschule ist somit der Spagat zwischen dem Versprechen einer persönlichen Entwicklung und der Notwendigkeit einer intakten Marke, alle Mitglieder müssen in den Kanon der propagierten Werte einsteigen." [4]
Um Probleme mit der aufwändig aufgebauten Marke Leuphana Universität Lüneburg zu vermeiden und die Zielsetzung der unternehmerischen Hochschule zu verwirklichen, findet eine grundsätzliche Wandlung des wissenschaftlichen Gemeinwesens statt.
"Die Hochschulleitung übernimmt weitestgehend die Handlungsmacht, macht den Fakultäten die bisherigen Hoheitsrechte wie beispielsweise Berufungen streitig, selektiert Fachbereiche nach Effizienzkriterien und zerstört durch den entstehenden internen Konkurrenzkampf die Wissenschaftsgemeinschaft." [5]
Im Sinne einer gezielten Steuerung von Entscheidungen muss auch die "Wunderwaffe" gesehen werden:
"Besonders kennzeichnend aber ist das Schüren der Angst vor einer Schließung der Universität. Diese Gefahr aber verleiht der Machtfrage messianische Züge." [6]
All dies kann nicht ohne Konsequenzen bleiben. Es wirkt sich auf dem Wege einer "weichen Steuerung" auf die Mitglieder der Hochschule aus.
"Die verfassungsrechtlich festgelegten Rechte und Pflichten der Freiheit von Forschung und Lehre werden dabei in der Praxis durch die informellen Regeln des Leistungsprinzips und der Gefolgschaft nach und nach außer Kraft gesetzt." [5]
Maset und Steinert wollen festgestellt haben, dass die Leistungskultur eindimensional auf das kapitalbringende Ergebnis ausgerichtet ist, aber als "System der Freiheit" umgedeutet wird [5]. Dieses vermeintlich freiheitliche System treibt absurde Blüten: Es führt zu einer Trennung zwischen den in Forschung und Lehre propagieren Inhalten und dem eigenen Handeln. Das verdeutlichen die Verfasser am Beispiel der Kunst an der Leuphana Universität Lüneburg.
"Was wird in einem System totaler Nutzbarmachung aus der Kunst? An der Leuphana entschwindet Kunst als kritische Bestandsaufnahme von Gesellschaft und Kultur zu einer Fata Morgana, was durch Begriffe wie >>Kreativitätswirtschaft<< (...) deutlich wird, in deren Wirrnissen sich auch viele der Lehrenden verstrickt haben." [6]
Als Beispiel verweisen Maset und Steinert auf einen Antrag auf Fördermittel des Innovationsinkubators, den LeuphanaWatch im vergangenen Herbst veröffentlichte. Weiter heißt es dann mit Bezug auf die Kunst, aber sicherlich mit einer auf andere Bereiche übertragbaren Bedeutung:
"Vorgeblich das Progressive propagiert, aber dann doch mitgeholfen, der (...) >>neoliberalen Invasion<< zum Erfolg zu verhelfen! (...) Die Doppelstrategie besteht darin, einerseits (...) als >>kritische Akteure<< mit avanciertem Bewusstsein aufzutreten, andererseits aber genau das mit zu fördern und zu verteidigen, was doch eigentlich im Zentrum ihrer Kritik stehen müsste." [7]
LeuphanaWatch meint: Es wäre interessant zu wissen, ob die Beobachtungen unabhängig von der persönlichen Bewertung von breiten Teilen der Leuphana Universität Lüneburg geteilt werden. Oder herrscht gar eine gänzlich andere Wahrnehmung vor und bereits die Beobachtungen sind Gegenstand des Streits zwischen den Fraktionen? Wie könnte eine gemeinsame Feststellung des Ist-Zustandes und der ablaufenden Mechanismen aussehen? Es sind solche Fragen, die zu beraten sein werden. Sonst wird es nicht gelingen auf eine Ebene der inhaltlichen Debatte zurückzufinden. Und die ist nach Monaten erbitterter Grabenkämpfe dringender denn je zu führen. Die Senatoren Maset und Steinert haben mit ihrem Diskussionsbeitrag einen Anstoß gegeben. Möge er aufgegriffen werden.

Im dritten und letzten Teil dieser Reihe geht es in der nächsten Woche um Fluchträume für kritische Geister und die Frage, wie fatale Entwicklungen korrigiert werden können.

LeuphanaWatch-Leseempfehlung:
Pierangelo Maset / Daniela Steinert: Kein Hauch von 68, in: Kultur & Gespenster, Ausgabe 13 "stabile Seitenlage", Winter 2012, S. 65 - 83 (erhältlich z.B. am Bahnhofskiosk, bei Unibuch, per online-Bestellung oder über die Fernleihe der Bibliothek)

Nachweise
[1] Pierangelo Maset / Daniela Steinert: Kein Hauch von 68, in: Kultur & Gespenster, Ausgabe 13 "Stabile Seitenlage", Winter 2012, S. 65 - 83
[2] http://www.kulturgespenster.de
[3] Seite 73
[4] Seite 74
[5] Seite 75
[6] Seite 78
[7] Seite 79

17 Kommentare:

  1. "Das Viagra der Exzellenzinitiative"

    Um im Bild zu bleiben: Früher hatte die Universität Lüneburg deutliche Erektions-Störungen.

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  2. Ja, früher waren die Kulturwissenschaften, die Umweltwissenschaften oder Wirtschaftspsychologie schlecht. Die Lehrerbildung war seit 1946 (unter dem Namen pädagogische Hochschule) schlecht. Dann ist Spoun gekommen. Herr Keller soll laut einer Zeitung gesagt haben, dass die Uni Lüneburg die schlechteste Universität Deutschlands wäre.
    Aber ab dann ging alles aufwärts. Jetzt hat sie wieder Stehvermögen. Unsere Leuphana!

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    1. Bitte die Evaluationsberichte lesen: Schlecht schnitt nur BWL ab und Lüneburg sollte bildungswissenschaftlicher Schwerpunkt von Niedersachsen werden ("internationales Niveau")

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    2. Wenn es in Lüneburg schon vor Leuphana Perlen gab, was ist denn durch Spoun besser geworden? Ist jetzt Lüneburg auch der betriebswirtschaftliche Schwerpunkt von Niedersachsen? Hat das Zusammenwerfen aller ökonomisch Forschenden zu dem erhofften großen Forschungscluster geführt? Können jetzt die großen BMBF-Projekte der Wirtschaftswissenschaften nach Lüneburg gezogen werden?

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  3. Naja, also die Analysen von Maset und Steinert sind schon zum Loslachen. Schwurbeliges Soziologen- und Kuwi-Deutsch, das mangelnde Analyse durch hochtrabende Semantik ersetzt. Aber dahinter ist doch nur ein Kernsatz zu entdecken: Früher war alles besser, weil es keinen Zwang gab. Heute ist alles schlechter, weil die autoritär-neoliberale Verschwörung des neuen Präsidenten alle Menschen gleichschaltet. Gähn. Doppeltes Gähnen. Die Geschichte haben wir nun schon hunderttausend Mal gehört. Was ist daran aber erst zu nehmen: Ja, Universitäten verändern sich. Ihren Mitgliedern wird nicht mehr wie vor 50 Jahren ein vollständiges Vertrauen entgegen gebracht, dass sich darin manifestierte, dass Professoren und Studenten tun und lassen konnten, was sie wollten. Dieses Vertrauen basierte auch darauf, dass Profs und Studis sorgfältig ausgewählt waren (wobei die Auswahlkriterien häufig undemokratisch und wenig sozial gerecht waren). Nun haben wir es mit der Uni als Massenbetrieb zu tun, in dem das Vertrauensprinzip nicht mehr funktioniert. Also müssen andere Steuerungsmechanismen entwickelt werden. Die viertelparitätische Hochschule (auch "Gremien-Uni" genannt) ist spektakulär gescheitert, weil sie zwar Teilhabe gewährleisten konnte, aber keine Qualität in Lehre und Forschung. Nun ist also die neoliberale Managementsteuerung dran. Auch sie droht zu scheitern, denn Professoren sind keine Angestellten, denn man hierarchisch etwas befehlen kann und Studis sind keine Konsumenten, die sich einfach über Angebot und Nachfrage steuern lassen. Zwischendurch kam dann noch ein weiteres Steuerungsmodell hinzu: die bürokratische Zwangsanstalt. Das ist die Bologna-Hochschule mit Kreditpunkten und abgeschaffter Wahlfreiheit. Zu besichtigen an den meisten deutschen Hochschulen. An der Leuphana schon am wenigsten, hier ist zumindest die Wahlfreiheit deutlich größer als an fast jeder anderen Hochschule.
    Die große Frage ist nun aber: wenn sowohl die viertelparitätische Gremienuni, die bürokratische Zwangsanstalt und die unternehmerische Managementhochschule allesamt nicht als Steuerungsmechanismen funktionieren, was kommt dann? Darauf können und wollen Steinert&Maset keine Antwort geben, das übersteigt auch ihre Fähigkeit (nicht weil sie wenig intelligent wären, sondern weil das eine wirklich extrem schwierige Frage ist, die in Deutschland bisher kaum eine öffentliche Hochschule beantworten konnte).

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    1. Nicht schlecht geschrieben! Die Lösung liegt darin, nicht immer EIN Steuerungsmodell haben zu wollen. Es gibt eben Studierende, die muss man an die Hand nehmen, andere sind Selbstläufer. Beides muss möglich sein. Das gilt auch für die Profs: viel Leistung, viel Freiheit; schlechte Evaluation, viel Steuerung.

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  4. "Besonders kennzeichnend aber ist das Schüren der Angst vor einer Schließung der Universität. Diese Gefahr aber verleiht der Machtfrage messianische Züge."

    Natürlich werden hier eigene Erfahrungen formuliert, doch es ist wichtig, solche Dinge festzustellen: Wer im letzten Jahr an dieser Universität war, kann feststellen, dass angesichts der "Machtfrage" erschreckende Phänomene entstanden. Diese Erfahrungen sollten im Hinblick auf Demokratietheorien analysiert werden.

    Dass mittlerweile alles an Kompetenzen und Rechten bei der Hochschulleitung liegt, wird an unserer Universität leider dadurch auf die Spitze getrieben, dass auf informellem Wege die bei den Fakultäten verbliebenen Rechte praktisch aberkannt werden. Vieles ist auch eine Sache von dem Willen zum Demokratischen. Mithilfe der "Gefäße" wie College etc. wurden die Disziplinen als Einheite aufgelöst und neue Strukturen aufgebaut, die es erlauben, viele studienrelevanten Fragen und Inhalte an den demokratisch organisierten Fakultäten vorbeizuschleusen. In der Praxis bedeutet das, dass innerhalb der Gefäße nicht gewählte, nicht legitimierte Verwaltungseinheiten Entscheidungen fällen (die inhaltlichen Entscheidungen also erneut beim Präsidium und dessen beratendenden Dunstkreis landen).

    Dieses Demokratiedefizit hätte noch stärker in dem Artikel ausgebaut werden können, denn hier haben wir ein ernsthaftes Problem - und leider auch keinerlei Bestreben seitens der Entscheidungsträger, dieses Problem anzugehen. Ganz im Gegenteil. Es wird viel von "Arbeitsgruppen" gesprochen, doch verbindliche Entscheidungen sind nicht möglich. Hier zitiert der Artikel eine schöne Aussage des Präsidenten: »Vielmehr gilt es, die zivilgesellschaftliche Rolle der Institution ernst zu nehmen und die breite Teilhabe zu ermöglichen und zu erhöhen, ohne in zentralen Aussagen Kompromisse einzugehen.« (Uwe Jean Heuser, Sascha Spoun (Hg.), Virale Kommunikation. Möglichkeiten und Grenzen des
    prozessanstoßenden Marketings, Baden-Baden 2009, S. 238).

    Auch wenn ich Einige in dem Artikel fokussierte Aussagen für nicht ausreichend nachvollziehbar formuliert halte, so sehe ich hier einen sehr wichtigen Punkt angesprochen, der Universität wesentlich als eine solche - und eben nicht als ein nicht-staatliches Unternehmen - definiert. Wird dies nicht zukünftig viel stärker diskutiert, haben wir den privatisierten american way in Sachen Bildung vor uns (von BildungsPOLITIK muss dann nicht mehr gesprochen werden).

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  5. Adorno positioniert sich in der Frage, ob Kritik mit Besserungsvorschlägen einher gehen muss ganz klar: Nein! Kritik muss immer und überall möglich sein und geäußert werden, denn in der Kritik liegt ein Eigenwert, der allein bereits verändert. Recht schwer ist dies nicht nachzuvollziehen: Wenn bestimmte Perspektiven, also mehr als eine, welche sich widerstreiten, sich gegenseitig kritisieren etc. existieren, ist die Meinungsbildung eine andere, werden auch die Entscheidungsfindungsprozesse andersartig ausfallen. Diskussionen sind übrigens, wie wohl allgemein bekannt, Grundlage für Meinungsbildung, Demokratie, Bildung.

    Dieser Artikel stellt demnach selbst bereits eine Provokation der Marke Leuphana dar: Innerhalb dieser Marke soll Geschlossenheit zu dem Konzept bestehen. Die AutorInnen haben Recht damit, dass öffentlich non-konformes Verhalten einer Marke schaden kann (sie deutet zumindest die Marke um, inwiefern ein solches Verhalten dann im Sinne der Markenerfinder oder dessen Absichten entgegen stehen, ist dann die entscheidende Frage). Dies wirft auf Markenbildung allerdings ein erschreckendes Bild: Was der Diskussion und der Pluralität nicht mehr offen steht, bekommt totalitäre Züge, zieht auch totalitäre Machtmechanismen nach sich. Dass sich die meisten Mitglieder der Uni einen solchen sehr kritischen Artikel wohl kaum zu schreiben und zu veröffentlicht getraut hätten, ist ein Anzeichen solcher schleichender Mechanismen geschlossener Systeme.

    Andererseits zeigt die Möglichkeit der öffentlichen Kritik, dass wir noch nicht vollständig in einer Meinungsgleichheit (aus Angst vor den negativen Folgen einer öffentlich geäußerten andersartigen Meinung) angelangt sind. Das beruhigt.

    Leider lässt der Artikel nicht aus, die Zeichen der Reaktion auf dieses System zu tragen. Sprich: Eine differenzierte Perspektive sieht anders aus. Hier wird die provokante Keule rausgeholt und richtig zugeschlagen. Grundsatzkritik kann dann anders als derart simplifizierend aussehen, wenn es a) mehr davon gibt und sich unterschiedliche Meinungen detailliert aneinander aufreiben können, und wenn es b) den Willen dazu gibt, den Raum für Kritik zu schaffen. D.h.: a) mehr Menschen müssen sich trauen und b) es muss gewollt sein, dass Kritik geäußert wird.

    Der Artikel legt den Finger in mehr als eine Wunde und eben die Ratlosigkeit, die darauf hin folgt, zeigt auch: Wir befinden uns in einer Entwicklung, die bereits in ihrem Fundament schlecht gebaut zu sein scheint. Alternativen? Her damit, wenn sie jemand hat. Bis dahin müsen die Probleme analysiert werden und die Bereitschaft muss wachsen, etwas zu tun, was über das Tagesgeschäft der Lehre und der Selbstprofilierung hinaus geht!

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  6. Ach ja, natürlich, die Totalitarismuskeule. Soll man da lachen oder weinen? Dumpf ist es auf jeden Fall. Da hat jemand zu viel Adorno gelesen und zu wenig Ahnung von der Realität erfolgreicher Organisationen. Eine gemeinsame Identität ist häufig die Grundbedingung einer erfolgreichen Organisation. Und das hat nichts mit Totalitarismus zu tun. Maset und Steinert sind frustriert, weil sie andere Vorstellungen von Universität haben als das Präsidium, die Mehrheit des Senats und die Mehrheit der Lehrenden und Studierenden. Die Frustration ist berechtigt, da jeder eine eigene Meinung haben darf. Dass ihr Schriftstück in einem sog. C-Journal erschienen ist, spricht dafür, dass sich nur wenige Menschen für Steinert&Maset und ihre Kritik interessieren.
    Maset ist bald kein Senator mehr, er hat nicht genügend Menschen gefunden, die ihn und seine Wutbürger-Plattform wählen wollten. Frau Steinert ist bald keine Studentin mehr, so wie etliche andere ehemalige Kritiker hier, die nach der Fundamentalopposition ohne Studienabschluss die Uni verlassen mussten und nun akademisch und beruflich vor dem Nichts stehen (es sei denn, Leserbriefe in der LZ werden mit sehr viel Geld bezahlt). Es ist schade um diese jungen Leute, die mit etwas mehr Disziplin und etwas weniger unkontrollierter Wut sicherlich etwas Großes im Leben zustand gebracht hätten. Nun gut, Frau Steinert hat jetzt eine Publikation mehr. Herzlichen Glückwunsch. Zurück zur Tagesordnung: wie kann die Leuphana Uni nun endlich besser werden? (Ach ja, ich vergaß, Adorno hat ja gesagt, dass es ausreicht, immer nur draufzuhauen, man muss keine Verantwortung übernehmen für tatsächliche Verbesserungen. So macht es ja auch dieser Blog hier. Aber: so lange, wie hier nur kritisiert wird, wird nichts erreicht werden.)

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    1. "Frau Steinert ist bald keine Studentin mehr, so wie etliche andere ehemalige Kritiker hier, die nach der Fundamentalopposition ohne Studienabschluss die Uni verlassen mussten und nun akademisch und beruflich vor dem Nichts stehen (es sei denn, Leserbriefe in der LZ werden mit sehr viel Geld bezahlt). Es ist schade um diese jungen Leute, die mit etwas mehr Disziplin und etwas weniger unkontrollierter Wut sicherlich etwas Großes im Leben zustand gebracht hätten"

      Ich glaube nicht, dass Leserbriefe bezahlt werden. Allerdings erinnere ich mich auch nicht an Leserbriefe des von Dir angesprochenen Personenkreises, die in der letzten Zeit bei der LZ erschienen sind. Abgesehen davon finde ich es immer wieder amüsant, dass versucht wird, Kritiker als Versagen hinzustellen.

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    2. 1. "totalitär werden" ist Begriffsbildung aus den Geisteswissenschaften und hat nichts mit einer "Totalitarismuskeule" zu tun. Wie Du schreibst, wäre diese aber ja berechtigt aufgrund "notwendiger gemeinsamer Identifikation". Auf welcher inhaltlichen Grundlage hältst Du es für sinnvoll und legitimierbar, an einer Universität gemeinsame Identifikation zu fordern?

      2. "Zu wenig Ahnung von der Realität erfolgreicher Organisationen" - Was bedeutet für Dich Erfolg? Und inwiefern erlaubt diese Erfolgs-Idee die gesamte Ausrichtung einer Hochschule? Ist dies nicht auch "sehr stumpf"?

      3. Bewertest Du Zeitschriften nach ebenfalls Deiner Vorstellung von "Erfolg" oder hat einfach nichts einen Wert, was wenig bis nicht kommerziell ist?

      4. Wie betrachtest Du "Kritik"? Als "Mittel zur endgültigen Problemlösung" und ohne Eigenwert?
      Hinter welcher Art von Kritik stehst Du und von welcher versprichst Du Dir den Erfolg Deiner Aussage - durch persönliche Mutmaßungen und Beleidigungen?

      5. Inwiefern stellen Deine Worte einen Beitrag einer sinnvollen Kritik UND einer erfolgreichen Problemlösung dar?

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    3. Also bisher ging ich davon aus, dass ich mich in dem hiesigen HoPo-Kreis einigermaßen auskenne. Mir ist allerdings kein einziger Mensch bekannt, der in den letzten Jahren sein Studium nicht beendet bekommen hat und der/die vorher hochschulpolitisch tätig war.

      (Der in AStA-Dunstkreisen zumindest noch vor einem halben Jahr - wie es derzeit ist, weiß ich nicht - berüchtigte AStA-Schnitt liegt bei einer eins vor dem Komma, um hier mal einen anderen Blick auf die vermeintlichen sinnlos-wütenden Versager/innen zu werfen)

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    4. Jetzt mal Roß und Reiter nennen! Wer aus den HoPo-Kreis soll den entgültig gescheitert sein? Wer ist ohne Einkommen obgleich er nach einem qualifiziertem Job sucht? Die Jungs und Mädels vom AStA betteln ja förmlich danach, dass hier mal die Fakten auf den Tisch kommen.

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    5. Haha...die Steinert ist wohl komplett gescheitert, einmal kein ordentlicher Abschluss und nur noch unglaubwürdig.

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    6. @ Anonym Mar 23, 2012 03:20 PM

      weil sie keinen so geilen Leuphana-Bachelor hat und auch nie einen erreichen wird? Oder weil ab jetzt sie keine angemessene Benotung für ihre akademische Leistungen erhalten darf? So als Abschreckung an alle andere, welche politisch aktiv sind. Und Du kennst schon diese politische Vorgaben und lachst Dir hier einen ab?

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  7. mal was anderes:

    ZDF beendet "Philosophische Quartett" mit Peter Sloterdijk, doch keine Angst: die Leuphana Uni Lüneburg bleibt weiter im Fernsehen. Der Retter des öffentlichen Leuphanismus heißt Richard "Richie" David Precht.

    Quelle

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    1. Das ZDF kann die Altlast "Sloterdijk" ja direkt in der Denkerei abladen. Dann findet dort auch endlich mal was statt.

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