Freitag, 6. Januar 2012

"Denkerei" wirft Fragen auf

Ende des vergangenen Jahres wurde in Berlin das "Amt für Arbeit an unlösbaren Problemen und Maßnahmen der hohen Hand", kurz "Denkerei" aus der Taufe gehoben. Gegründet wurde es von diversen Künstlern respektive Wissenschaftlern, die sich als "Fachvorstände" für verschiedene Bereiche der Denkerei bezeichnen. Kooperationspartner der Einrichtung ist die Leuphana Universität Lüneburg. (1)

Eine deutsche Universität gründet ein vermeintliches "Amt" mit Spaßnamen in der Bundeshauptstadt - das kann wahrlich als Grund für Spott und Häme dienen! Die Reaktionen ließen dann auch nicht lange auf sich warten.
Lüneburg hebt ab
Universität Leuphana lässt künftig in Berlin denken - während zu Hause die Korruptionsprüfer anklopfen
titelte die Hannoversche Allgemeine Zeitung am 26./27.11. auf Seite 1. (2) Und Prof. Faulstich stellte in einem in der Landeszeitung am 14.11. abgedruckten Leserbrief unter dem Titel "Schaumschlägerei" klar:
Bitte denken Sie nicht, die Universität Lüneburg sei nun komplett von allen guten Geistern verlassen. (...) Auf den ersten Blick ist man versucht, (...) an einen verfrühten Faschingsscherz zu glauben. (3)
Tatsächlich drängen sich entsprechende Assoziationen auf. Spott und Häme sollten allerdings nicht den Blick auf das Wesentliche verstellen. Prof. Faulstich weist bereits mahnend darauf hin, dass "handfeste wissenschaftliche Arbeit, substantielle Forschung, seriöse Lehre" nicht durch "Polit-PR" zu ersetzen sind. (3)

Was macht also diese "Denkerei" und warum sollte die Leuphana Universität Lüneburg eine Kooperation eingehen?

Die Landeszeitung berichtet, dass durch verschiedene Kunst- und Kommunikationsformate eine gesellschaftliche Diskussion forciert werden soll über komplexe Probleme wie Euro-Krise oder Atommüllendlagerung im Dialog mit Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. (4) Durch die Arbeit der Denkerei sollen "Profibürger" ausgebildet werden. (5)

Gegenüber der Presse weist die Leuphana Universität Lüneburg darauf hin, dass die Kooperation mit dem "Amt" mit dem Spaßnamen wichtige Vorteile bringe:
Für die Leuphana ist die neue Diskursplattform ein ideales Forum, um im direkten Kontakt mit Politik und Forschungs-Institutionen auf ihre wissenschaftliche Arbeit aufmerksam zu machen. (6)
Auf der Webseite der "Denkerei" heißt es etwas ausführlicher:
Die Leuphana Universität Lüneburg knüpft an diese Gedanken (Diskussion über unlösbare Probleme, LW) im Rahmen der Kooperation an und kann künftig Diskursplattform und Räumlichkeiten mitnutzen, um ein weiteres Forum für die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit ihren Arbeiten zu etablieren und damit der Leuphana eine Stimme im politischen Berlin zu geben. Mit ihren Wissenschaftsinitiativen Kulturforschung, Nachhaltigkeitsforschung, Bildungsforschung und Unternehmerisches Handeln sowie den Schwerpunkten im Innovationsinkubator Digitale Medien, Nachhaltige Energie und Gesundheit adressiert die Leuphana zentrale Themenfelder für die Zivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts.

Die Leuphana wird im Rahmen dieser Kooperation mit eigenen Veranstaltungen in der Bundeshauptstadt auf ihre Initiativen aufmerksam machen. Die Gründer des Amts für Arbeit an unlösbaren Problemen sind im Gegenzug bereit, Lehr- und Diskussionsveranstaltungen an der Leuphana anzubieten. Die Kooperationspartner wollen außerdem gemeinsame Forschungs- und Transferprojekte auf den Weg bringen. (1)
Diese blumigen Ausführungen werfen zahlreiche Fragen auf:
  • Braucht eine niedersächsische Hochschule Räumlichkeiten in der Bundeshauptstadt?
  • Braucht eine niedersächsische Hochschule eine "Stimme im politischen Berlin"?
  • Welcher Art sollen die Veranstaltungen sein, welche die Leuphana Universität Lüneburg in der sog. "Denkerei" anbieten möchte?
  • Was dürfen wir uns unter gemeinsamen Forschungs- und Transferprojekten vorstellen?
  • Welcher Art und welchen Umfangs werden die Lehr- und Diskussionsveranstaltungen der "Amtsgründer" an der Leuphana Universität Lüneburg sein? Werden diese in Lüneburg oder in den Räumlichkeiten in Berlin stattfinden?
Besonders auffällig ist jedoch folgendes: Die Ausführungen suggerieren, die Leuphana Universität Lüneburg habe ausschließlich Vorteile (Räumlichkeiten, politischer Einfluss, gemeinsame Projekte u.a.). Im Text heißt es jedoch, "im Gegenzug" seinen die Gründer der Denkerei zu bestimmten Dingen bereit. Die Kernfrage dürfte also sein, wozu sich die Leuphana Universität Lüneburg genau verpflichtet hat. Sie gibt ihren Namen, zahlt jedoch nach Aussage der Pressestelle kein Geld für das Spaß-Amt. (7) Ist die Marke "Leuphana" so wertvoll, dass im Gegenzug dafür Räumlichkeiten und Dozentenleistung gewährt wird? Oder bestehen weitere Verpflichtungen?

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der mögliche Reputationsschaden durch die Verbindung mit einem "Amt für Arbeit an unlösbaren Problemen und Maßnahmen der hohen Hand" für die Leuphana Universität Lüneburg nicht schwerer wiegen muss, als die möglichen Vorteile.

LeuphanaWatch meint: Sollte die "Denkerei" nicht zeitnah durch wissenschaftlich fundierte Veranstaltungen überzeugen, ist die Reputation der Hochschule in Gefahr. Denn eine Universität zeichnet sich noch immer durch Forschung und Lehre aus und nicht durch PR-Coups und dubiose Kooperationen. Insbesondere die aufgeworfenen Fragen müssen beantwortet werden und der Kooperationsvertrag gehört veröffentlicht; das dürfte den überraschten Universitätsmitglieder zustehen - und es wird auch außerhalb der Campusgrenzen interessieren. Immerhin dürfte zumindest die argwöhnische Beobachtung der anderen niedersächsischen Universitäten sicher sein.

Quellen:
(1) https://www.leuphana.de/denkerei/
(2) https://www.leuphana.de/fileadmin/user_upload/INTRANET/pressestelle/pressespiegel/2011ps/Pressespiegel_2011-11-26_11-28.pdf
(3) https://www.leuphana.de/fileadmin/user_upload/INTRANET/pressestelle/pressespiegel/2011ps/Pressespiegel_2011-11-12_11-14.pdf
(4) "Leuphana denkt mit in Berlin", LZ 11.11.2011, Seite 5
(5) http://www.berliner-zeitung.de/kultur/bazon-brock-weihnachtsgabe-vom-profi,10809150,11286400.html
(6) http://www.leuphana.de/aktuell/meldungen/ansicht/datum/2011/11/09/leuphana-startet-kooperation-in-berlin-1.html
(7) "Lüneburg hebt ab. Universität Leuphana lässt künftig in Berlin denken - während zu Hause die Korruptionsprüfer anklopfen", HAZ 26./27.11., Seite 1

12 Kommentare:

  1. Liebe Watchblogger, ihr habt Post.

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  2. Manchmal macht es euch das Präsidum aber auch einfach mit der Kritik...ne Uni eröffnet ein "Amt für Arbeit an unlösbaren Problemen und Maßnahmen der hohen Hand"!? Na ja..man kann sich ja auch selber ins Knie schießen.

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  3. cool, dass ein beitrag über die denkerei erscheint, ich habe nämlich selbst darüber auch schon nachgedacht und versucht, weitere infos zu erhalten, jedoch ist dies nicht gelungen.
    auf jeden fall ist sloterdijk mit von der partie - den kennt man ja schon aus der damaligen leuphana-eröffnungs-broschüre...
    und berlin? das ist wirklich eine interessante frage... warum denn keine denkerei in lüneburg? ähnlich wie mit dem inkubator... warum denn cine plus (berliner produktionsfirma) anstatt hier eine aus der nähe zu beziehen?

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  4. ja, ganz wichtig auch das Zitat von Faulstich. Wenn sich der Porno-Prof zu Wort meldet, muss ja was ganz wichtiges dahinter stecken...

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  5. Vermutlich ist die Auswahl an Produktionsfirmen in Lüneburg nicht die größte, daher bestimmt der Rückgriff auf Berlin. Was mir nur unverständlich ist, weshalb die Elite-Uni in der Heide sich so nach Berlin orientieren muss. Gerade weil wir Elite sind, wollen doch alle nach Lüneburg - liegt auch in der Mitte der Metropolen Berlin, Hamburg und Hannover, oder etwa nicht.
    Merkwürdig an der Denkerei ist, dass fast alle dazugehörigen Personen aus dem Dunstkreis von Sloterdijk und der Karlsruher Hochschule für Gestaltung sind - Warum werden die nun von der Leuphana finanziert? Weshalb waren/sind überhaupt keine Lüneburger Dozenten beteiligt? Ist das eine Kooperation, wenn Leute die sich eh kennen, weiter zusammenarbeiten.
    Zum anderen stellt sich im Anblick der mauen Webseite die Frage, wann denn dort überhaupt was stattfindet. Oder geht es der Leuphana nur darum, "Präsenz" zu zeigen und mögliche Gesprächspartner nicht mehr mitten in die Heide kutschieren zu müssen, sondern direkt vor Ort "Geschäfte" und Absprachen zu treffen. Quasi finanzierte Büroräume für öffentliches und vor allem weniger öffentliches Glühen. Auf der Webseite von Initiator Bazon Brock klingt übrigens alles nach seinem eigenen Projekt - er steht dann auch als einzige Personen namentlich auf der Außenwerbung der Denkerei. Immer dieser Personenkult, ich dachte, jetzt kommen die Bürgerinnen und Bürger der Zivilgesellschaft endlich zum Zug. Immer diese Denkfehler.

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  6. Die Denkerei ist doch nur eine neue Hochzeit, auf der Holm Keller tanzt. Sloterdijk und Brook, alles Leute aus dem Netzwerk von Keller.
    Wieder ein Beispiel, dass es Keller nicht um die Universität geht sondern um die Ausschlachtung der Institution für seine Zwecke.
    Bei der Gelegenheit fällt mir der Auftritt von Wulff bei der Startwoche 2008 ein.

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  7. Das ist doch alles Teil eines konservativ-neoliberalen Rollbacks. Sloterdijk und Co plus Innovationsinkubator und "professionalisierte Bürger" in der Denkerei. Einzig die Oberfläche zählt. Legitimität hat das Ganze ungefähr genausoviel wie die FDP heute noch Wähler. Dennoch sind sie an der Macht - und auf dem selben Niveau halten sich auch Keller und sein "Team". Und aus der Uni melden sich nur Maset und der "Porno-Prof". Außer uns Studenten scheint das leider den meisten am Arsch vorbeizugehen.

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  8. Wenn Keller mit gleichem Engagement wie für das Amt für Arbeit an blödsinnige Aufgaben für die Universität gearbeitet hätte, wäre alles fein. Aber so öde Verwaltungsaufgaben sind ja so langweillig.

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  9. Im letzten Absatz dieser Webseite :
    http://www.bazonbrock.de/arbeit-an-unloesbaren-problemen
    ist von Gemeinnützigkeit die Rede was hat das mit Leuphana zu tun ?

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  10. LeuphanaWatch bittet darum, unbewiesene Behauptungen mit diskriminierendem Unterton über das Privatleben von Präsident Spoun zu unterlassen. Diese könnten justiziabel sein und rechtliche Konsequenzen mit sich bringen. Wir haben uns daher entschieden, den Kommentar von Jan 14, 2012 06:36 AM zu entfernen. Im folgenden eine gekürzte Fassung.

    Nicht Keller ist das Problem - Spoun muss weg!
    Hier in Lüneburg haben einige Leute noch nicht begriffen, dass der Universitätspräsident Dr. Sascha Spoun mit seiner bisher gut kaschierten Doppelmoral (und seinem Doppelleben in Lüneburg und am Wochenende in St. Gallen in der Schweiz) das eigentliche Problem ist. Lüneburg ist nur das Sprungbrett auf die von Sascha Spoun sehnlichst gewünschte Professur an der Universität St. Gallen, wo es in der etablierten Schweizer Professorenschaft und im kantonalen Kultusdepartement Bedenken gegen eine Berufung von Dr. Spoun auf einen Lehrstuhl an der Universität st. Gallen gibt. Sicherlich mag (...) und auch seine Herkunft aus Deutschland (von Belang sein, LW) (...). Auch dort sagen einige Lehrstuhlinhaber, dass dieser Mann krankhaft ehrgeizig, geltungssüchtig ist und sich als exzellenter Strippenzieher schon als Student betätigte, (...). Er nutzt gezielt die Defizite und das Phlegma der Leute mit denen er arbeiten muss. Im Gebrauch seines Mundwerks sei er der Meister.
    Von Jemandem, der mit ihm zusammen in St.Gallen die Promotion erhielt und ihn aus seiner Studienzeit an der dortigen Universität kennt, erfahren wir seit einiger immer wieder Geschichtchen und Anekdoten, die uns zunehmend und ernsthaft hinterfragen lassen, ob Dr. Spoun der ehrlicher Makler ist, als der er hier in Lüneburg erscheinen möchte.
    Sascha Spoun hat keinerlei Leistunsgausweis in der freien Wirtschaft. Sascha Spoun hat viele Bekannte (...), er verschafft seinen inzwischen zahlreichen ehemaligen Kollegen aus St. Gallen Positionen und Gelder. Sein Privatleben (...) mag ja weitestgehend sein Privates bleiben, was Dr. Spoun vor 2006 nicht so wichtig war.
    Majestät räumt sicherlich weiter auf. Majestät tankt auch weiterhin auf an den Wochenenden in seiner Wohnung in St. Gallen und (...) in Zürich. Je mehr Spoun bei seinem Lebensprojekt Leuphana auf Widerstände stossen wird, um so rabiater wird er sich durchsetzen wollen.
    Ein Mann mit Doppelmoral an der Spitze unserer Universität, der eigentlich nur auf eine gut dotierte Professur in die Schweiz zurück nach St. Gallen an die dortige Universität will und weder beruflich Erfahrung in der Wirtschaft noch privat irgendeinen Leistungsausweis hat.
    Für uns alle hier kann das nicht gesund sein.
    Wir müssen ihn entzaubern.

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    1. Elefantenrüsselfisch18. Januar 2012 um 21:33

      Solche Kommentare eröffnen einen tiefen Einblick in das krankhafte Seelenleben des Verfassers. Wer das Verfassen solcher geistig armen Zeilen nötig hat, scheint sonst wenig Freude und Freunde im Leben zu haben. Widerlich!
      LW täte gut daran, diese Zeilen, die mit einer sachlichen Diskussion nichts zu tun haben, zu löschen.

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