Donnerstag, 13. Oktober 2011

Kapitulation einer Universität

Die Startwoche der Leuphana Universität Lüneburg behandelt ein sicherlich interessantes und wichtiges Thema. Vermutlich wird sie vielen Studenten aufregende Tage bereiten und die inhaltliche Arbeit Spaß machen. 'Gesundheit!' ist gleichzeitig aber auch die endgültige Machtübernahme der Unternehmensberater an der Leuphana Universität Lüneburg. Sie haben erst hinter den Kulissen und später immer offensiver eine öffentliche Bildungsinstitution nahezu vollständig unter ihre Kontrolle gebracht (LeuphanaWatch berichtete). Die Startwoche 2011 ist ihr Triumpfzug, bei dem die Macht öffentlich zur Schau gestellt wird.

Bereits gestern schrieb LeuphanaWatch über einen Brandbrief des ASTA an die Studenten. Darin wiesen die Studentenvertreter auf die wesentliche Rolle der Unternehmensberatung BostonConsultingGroup in der diesjährigen Startwoche hin. Wir haben recherchiert.

Das Team der Lehrenden besteht vollständig und ausschließlich aus Unternehmensberatern:

Holm Keller
1996 - 2002 McKinsey & Company (1)
2002 - 2006 Bertelsmann AG (1)
min. bis 2008 McKinsey & Company (parallel zur Vizepräsidentschaft) (2)

Heiko Franken
12 Jahre Partner und Geschäftsführer der BostonConsultingGroup (1)

Dr. Carsten Siebert
1999 - 2004 Mc Kinsey & Company (1)

Dr. Matthias Afting
2000 - 2006(?) McKinsey & Company (1)

Unter den sog. "Experten" befinden sich mindestens vier Personen, die aktuell bei der BostonConsultingGroup beschäftigt sind:

Dr. Markus Peterseim

Partner & Managing Director, Mitglied der Praxisgruppe Health Care und Corporate Development der Boston Consulting Group (3)

Elisabeth Hansson

Partner & Managing Director der Boston Consulting Group Schweden (3)

Graham Rich
Director of Health Services der Boston Consulting Group UK (3)

Marcel Thom
Principal der Boston Consulting Group Schweiz (3)

Wie viele weitere Experten bereits entscheidende Positionen bei den großen Unternehmensberatungen inne gehabt haben, konnten wir aufgrund der hohen Zahl von Personen nicht überprüfen. In der Bewertungskommission für die Vorschläge zur Verbesserung des Gesundheitswesens besetzen Unternehmensberater jedenfalls gleich zwei von fünf Plätzen:

Dr. Axel Heinemann
"Seit 1993 arbeitet Dr. Axel Heinemann bei der Boston Consulting Group. Aktuell ist er Senior Partner und geschäftsführender Direktor und leitet die deutsche und schweizerische Praxisgruppe Health Care." (4)

Prof. Dr. Jürgen Kluge

1999 - 2006 Leiter der Unternehmensberatung McKinsey & Company Deutschland (4) In diesem Zeitraum befasste er sich u.a. mit dem deutschen Bildungssystem (5)

Damit nicht genug. Als Förderer der Startwoche taucht die BCG ebenfalls auf. (6) Was dem Fass den Boden ausschlägt, ist folgendes: Alle Erstsemester bekamen ein Heft mit dem Titel "Das deutsche Gesundheitssystem" überreicht. In bestem BostonConsulting-Grün gehalten "informieren" die Unternehmensberater alle Erstsemester. Auf der Titelseite prangt in fetten Buchstaben "BCG", weiter unten "TheBostonConsultingGroup". Neben der Abkürzung ist ein Leuphana-Logo. Beim Umblättern stößt Student auf ein Selbstportrait der BCG und eine Auflistung der Autoren. Es handelt es sich bei Nicolas Busch, Bianca Drebber (ehem. Mitarbeiterin Dr. Wuggenig (7) & WHK im Präsidium (8)), Ninon Latzitis, Felix Wagner und Christian Zischek um Mitarbeiter der BCG. Wenige Seiten weiter begrüßen der Vorsitzende der Geschäftsführung der BostonConsultingGroup Christian Veith und Vizepräsident und McKinsey-Berater Holm Keller die Studenten. Auf jeder der folgenden Seiten findet sich am unteren Rand der Schriftzug "TheBostonConsultingGroup". (9)

Wer die Marketingabteilung der Leuphana Universität Lüneburg kennt, muss sich wundern. Wo peinlich genau auf die Einhaltung des Corporate Designs geachtet wird, ist plötzlich ein grünes Heft kein Problem? Es scheint, als stünde der ein oder andere über dem (Marketing-)Gesetz.

LeuphanaWatch fasst zusammen: Unternehmensberater, soweit das Auge reicht. Designvorgaben der Leuphana Universität Lüneburg vollkommen unwichtig. Die Startwoche ist fest in den Händen von McKinsey und BostonConsultingGroup. Es ist die Bankrotterklärung einer öffentlichen Universität, die ihre Erstsemester den Denkmustern und Weltbildern dieser Unternehmen überlässt. Noch schlimmer ist freilich, dass der andernorts erwartbare Aufschrei der Wissenschaftsgemeinschaft scheinbar ausbleibt. Es ist die Kapitulation einer öffentlichen Universität. Noch nie haben wir das "Universität Lüneburg" hinter Leuphana so dick und so dringend durchstreichen müssen, wie in diesen Tagen. Was hier passiert ist das Assessment Center respektive die Kaderschmiede eines Wirtschaftszweiges und nicht mehr Universität. Es ist Leuphana Universität Lüneburg in Perfektion.

Quellen:
(1) http://www.leuphana.de/no_cache/college/bachelor/leuphana-semester/startwoche/lehrende-team.html
(2) http://www.asta-lueneburg.de/fileadmin/images/asta2_0/sonderausgabe_holm_keller_online_teil2.pdf (Seite 34)
(3) http://www.leuphana.de/no_cache/college/bachelor/leuphana-semester/startwoche/experten.html
(4) http://www.leuphana.de/college/bachelor/leuphana-semester/startwoche/experten/bewertungskommission.html
(5) http://de.wikipedia.org/wiki/Jürgen_Kluge
(6) http://www.leuphana.de/no_cache/college/bachelor/leuphana-semester/startwoche/foerderer.html
(7) Abzuleiten aus http://www.turia.at/pdf/inh_translate1.pdf (Seite 2)
(8) Autorin des Dokuments www.naw.din.de/.../N1555_Anmeldung_ %20Nitrat%20Ringversuch%202009_05.doc ist "Wissenschaftliche Hilfskraft Präsidiumsbüro / Bianca Drebber".
(9) Wir danken allen Einsendern für ihre Hinweise und das umfangreiche Belegmaterial.

29 Kommentare:

  1. Wer sich über das Nicht-Einhalten des Corporate Deigns aufregt und den AStA im gleichen Artikel nennt und zitiert, der es in keinstem Falle einhält, bezeichne ich als Heuchler. Dieser ist ja nicht ein Externer, wie die BCG, sondern ein Teil der Universität! Das ist für mich eher ein Skandal, als dass BCG sich nicht daran hält!!!

    Unabhängig davon finde ich es auch schon merkwürdig, wie stark die BCG dabei an der Universität vertreten ist.

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  2. Das starke Auftreten der BCG ist wirklich komisch. Ich stimm dir zu. Mit dem CD seh ich das anders, denn BCG veranstaltet die Startwoche ja wohl im Auftrag der Uni, oder? Andere DozentInnen suchen sich doch auch kein CD selbst aus. Hat BCG der Leuphana wenigstens kräftig für diese Werbeveranstaltung bezahlt?

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  3. Ich hatte das auch so verstanden, dass BCG der Veranstalter der Startwoche ist. Also wo ist das Problem?

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  4. Gähn, da soll woll künstlich Aufregung produziert werden. Bisher sind es alles aber nur Hinweise darauf, dass viele BCG-Leute auf dem Campus rumlaufen und dass das Leuphana-Corporate Design nicht eingehalten wurde (schlimm, schlimm...). Gibt es denn auch handfeste Hinweise, dass da ein Verbrechen geplant oder durchgeführt wurde?
    Und vor allem unterstellt ihr ja den Erstis, dass sie nicht in der Lage seien, zwischen Propaganda und Planspiel zu unterscheiden. Das ist ein merkwürdiges Menschenbild.

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  5. Ich denke dies ist einen Universität und kein Lager, in dem man die Erstsemester - in deinen Worten: „Propaganda“ aussetzen muss... Was ist das für eine merkwürdige Begrüßungshaltung und was soll (POSITIVES) damit erreicht werden? Dies zeigt doch nur den Pseudo-Elite-Anspruch der Leuphana. „Elite“ (wie das auch immer definiert sei) soll offensichtlich von den sog. Top-Beratern auf die Leuphana abfärben, die in den Universitätsrankings höflicherweise nicht aufgeführt wird oder es nur auf die letzten Plätze schafft. Schaut euch doch mal die Fakten an, wenn der BCG-Nebel sich gelegt hat.

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  6. @ 10:30: Du hast ja ein merkwürdiges Bild. Findest Du es nicht bedenklich, wenn eine Universität ihre Startwoche "outsourced"? Was ist denn die Aufgabe dieser Alma mater, wenn nicht die Lehre für ihre Studis? Also ist hätte nicht an eine Uni kommen wollen um dann festzustellen, dass ich eine Seminarwoche bei der BCG gebucht habe. Wir sind hier noch immer öffentlich finanziert. Dann haben wir uns auch so zu verhalten und nicht als die Privatuni einer Unternehmensberatung aufzutreten.

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  7. Ich weiß nicht, wie man über einen so offensichtlichen Ausverkauf einer Hochschule hinweg sehen kann, wie es einige KommentatorInnen hier zu tun scheinen.
    Es scheint, als wären wir hier einfach schon verdammt viel gewöhnt. Aber wir sollten schon die Frage stellen: Was ist eine Universität? Was heißt Wissenschaft? Was bedeutet "öffentlicher Bildungsauftrag" und "Forschung"?
    Wenn den KritikerInnen dauerhaft vorgeworfen wird, die Uni zu ruinieren, so kann ich nur sagen: Wenn hier irgendwer am erfolgreichsten die wissenschaftliche Reputation dieser Hochschule zerstört, dann die Unileitung!

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  8. Ich finde es cool, dass die Unternehmenberatungen die Kontrolle übernehmen. Mein Papi ist auch Unternehmensberater und meinte, die Leuphana sei genau die richtige Wahl um selbst Unternehmensberater zu werden. Hier habe man seinen zukünftigen Arbeitgeber bereits sicher. Unternehmensberater braucht die Welt - nicht so linke Schwachköpfe.

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  9. Leute, ihr habt nicht verstanden, wie Unternehmensberatungen ticken. Das klingt ja bei euch so, als andere Menschen infizieren und sie dann zu Zombies machen. BCG stellt vermutlich keine 150 Leute ein pro Jahr. Durchschnittlich kommen davon von der Leuphana vermutlich null bis eins. Die Anforderungen sind recht hoch und viele der Möchtegernberater (soll es ja geben, bei den BWLern, aber vor allem auch bei den WRlern und WPlern) haben im Auswahlverfahren keine Chance.
    Fakt ist also: BCG kommt nicht hierher, um Rekruiting zu betreiben.
    Was machen sie dann? Sie haben ein ernsthaftes Interesse an dem Thema, sind keineswegs vom Teufel geschickt. Ja, sie verdienen Geld mit ihren Projekten (und machen sich damit vermutlich bei etlichen Leuten, die sich für eher links halten, verdächtig). Aber diese Pluralität auf dem Campus sollten aushalten können. Wir habe Gewerkschaftsleute auf dem Campus, die werden von manchen sich als weniger links definierenden Personen auch nich als Vorboten der Weltrevolution gesehen. Schaltet also mal einen Gang runter und trefft euch z.B. mal mit Heiko Franken, den ihr ja weiter oben an den Pranger stellt (nichts anderes macht ihr ja hier). Wie wäre es mal mit einem Gespräch, statt immer nur feige über das Forum hier draufzuhauen?

    Die Welt braucht übrigens weder linke noch rechte Schwachköpfe. Und auch nicht unbedingt mehr Unternehmensberater. Leuphana haben die zwei Unternehmensberater an der Spitze aber gar nicht schlecht getan.

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  10. @15:58

    Es ist peinlich, so etwas von einem Menschen zu lesen, der entweder an einer Hochschule studiert oder arbeitet.
    Aber genau das ist es, was Leuphana mittlerweile auszeichnet: Unkritische Menschen, die meinen, alles was "wettbewerbsfähig" und "leistungsstark" ist, sei erstrebenswert.
    Es geht hier um eine inhaltliche Debatte und nicht um charmante Menschen in Unternehmensberatungen - BCG kann machen, was es möchte und meinetwegen sind alle der dort arbeitenden unglaublich nette und intelligente Menschen, das hat nichts damit zu tun, dass sie nichts an dieser staatlichen Institution zu suchen haben. Zumindest nicht als OrganisatorInnen, höchstens als ein Untersuchungsgegenstand.

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  11. @16:28 könntest Du bitte das mit den "linken und rechten Schwachköpfe" noch mal klarer aufschreiben?
    Dein Text könnte so verstanden werden:

    Linke = Gewerkschaftler, SPD'ler, KPD'ler und ihre Nachfolgeorganisationen (Die Linke, DKP, K-Parteien, Grüne, Frauenrechtler_innen, Pazifisten und Anarchisten

    Rechte = DVU, NPD und all jene Gruppen, welche längst verboten sind

    Wie schön lebt es sich in Deiner 'schwarz-gelben Welt'? Was brauchen wir den mehr? Pfarrer, Unternehmer oder Leistungsträger? Warst Du der Antragsteller gestern im StuPa? Da ging es doch auch um "Links = Rechts". (Weiß jemand, was aus dem Antrag geworden ist?)

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  12. Die Tassen und der Schrank13. Oktober 2011 um 19:02

    Da haben wir's mal wieder glorreich in die taz geschaft:

    "Lobbyisten an der Uni"
    http://taz.de/Lobbyisten-aus-dem-Gesundheitswesen-an-der-Leuphana-Universitaet/!79902/

    Wenn ich das hier lese, dreht sich mir der Magen um:
    >>"Wir sind dankbar für die Unterstützung der Unternehmen, auch in der Lehre." Der Staat dürfe sich zwar aus der Hochschulfinanzierung nicht rausstehlen, aber "wenn wir etwas bekommen können, ohne Nachteile in Kauf nehmen zu müssen, dann gibt es für uns keinen Grund abzulehnen", argumentiert Keller.<<

    Klar, dass HK keine Nachteile sieht. Da hilft nur eins: Abwahl.

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  13. Und wieder einmal wurde die erneut höher gehangene Unfugmesslatte mit Leichtigkeit übersprungen.
    Die Anstrengung hat sich aber gelohnt und sollte hier explizit gelobt werden: So gut konnten wir uns schon eine Weile nicht mehr amüsieren. Beste Unterhaltung mal wieder geboten von unserer Präsidialetage. Man muss seinen Unimitgliedern auch was bieten, und das haben sie diesmal definitiv geschafft. Leider kann man es im LeuphanaFernsehen 2.0 bisher nur mit Premium Account angucken, den hole ich mir wahrscheinlich erst zum Abschluss um auch nach dem Studium die "Nachhaltigste Soap Deutschlands" (Eigenbezeichnung) zu verfolgen.
    Ich freue mich schon auf die kommenden Staffel mit Folgen wie "Landesrechnungshofbericht Teil 2 - Ihr habt die Heizkosten vergessen", dem noch zu castenden Stargast der die 50% Vizepräsidentenrolle übernehmen wird (fehlt nicht eine Quotenfrau? Wenn schon wieder aus St.Gallen dann bitte mit echtem Akzent) und der feierlichen Baukostenerhöhung mit Stargast Peter Zwegat.

    Mehr erwarte ich für 500€ im Semester auch gar nicht.


    Ansonsten: Prima Recherchearbeit vom WatchBlog, vielen Dank dafür!

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  14. Gibt es die BCG Broschüre zur Startwoche auch online? Hat jemand einen link?

    Ich komme aus dem Kopfschütteln nicht raus. Es ist unfassbar mit welcher Dreistheit da mittlerweile operiert wird. Und ich dachte, die Jungs wären wenigstens dazu in der Lage, solche Aktionen im kulturalistischen Gerede zu tarnen. Aber das ist ja direkt ins Gesicht, ohne auch nur den Versuch einer Verschleierung...

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  15. Es ist eine Startwoche! Die BCG stellt keine Klausuraufgaben. Bleibt locker, Freunde!

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  16. Vielleicht machen sie das so "dreist", weil da keine böse Absicht dahintersteckt? Vielleicht sollte es realitätsnah sein. In der echten Welt (d.h. außerhalb dieser Blogs hier) treffen im politischen Prozess ständig verschiedene Interessen aufeinander. Und: eine Sache habt ihr immer noch nicht berichtet (da kam ds Lob für die gute Recherche wohl etwas zu voreilig). Wenn es nach euren Angaben so unmöglich ist, dass BCG sich hier um einige Inhalte kümmert, welche Inhalte vertritt denn BCG? Und an welchen Stellen weichen diese Inhalte von den von euch geforderten "neutralen Wissenschaftlern" ab? Könnt ihr das mal bitte ganz deutlich klarlegen?

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  17. Es zeigt sich auch hier, wie wenig sensibel die Führungsetage der Leuphana agiert. Anstelle einer Einführung in das Uni-Leben, Forschung und Lehre wird ein Berater-Zirkus inszeniert: man kann wohl schon vor dem Studium das Gesundheitssystem reformieren- wozu also noch an der Leuphana studieren? Welchen Wert hat denn dann eigentlich das Studium, wenn man vorher – mit den entsprechenden Beratern- ohnehin schon alles kann. Das nenne ich ein echtes Eigentor!

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  18. Moment: wer das jetzt eben geschrieben hat (10:39) hat weder das Konzept der Startwoche, noch den Leuphana Bachelor verstanden. (und auch nicht die Debatte über Hochschulpädagogik der letzten 20 Jahre zum Thema Problem-based-learning). Bitte nachsitzen, nachlesen und dann gern wieder hier kommentieren.

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  19. Gegen das Aufeinandertreffen von Interessen im politischen Prozess gibt es ja gar nichts einzuwenden und auch nicht gegen ein Planspiel, das diese Interessenkonflikte abbilden möchte. Im Gegenteil, das ist im Grunde eine gute Idee - auch für eine Startwoche.

    Ich würde auch nicht so weit gehen, das Auftreten einer Unternehmensberatung nicht (allein) als Teilnehmerin am Planspiel, sondern immerhin in einer das Planspiel strukturierenden Funktion, die im Bereitstellen von Wissen für das Planspiel liegt, auf "böse Absichten" zurückzuführen.
    Man kann es aber als Ausweis von Selbstherrlichkeit und Eitelkeit, mindestens aber als Unreflektiertheit und Mangel an kritischem Potential in der Führungsspitze einer öffentlichen Bildungseinrichtung sehen; einer Führungsspitze, der es offenbar nicht gelingt, eine öffentliche Einrichtung zu führen, ohne den Verdacht der Instrumentalisierung der von ihr geführten öffentlichen Einrichtung für die Pflege eigener Netze auf sich zu ziehen. Deshalb vielleicht besser: dummdreist.

    Ob die Inhalte, die von BCG in der Broschüre dargelegt werden, problematisch sind, sei ebenfalls dahin gestellt. Problematisch ist allerdings deren Geschäftsmodell und -politik jenseits der Inhalte, das an jenes von Drückerbanden erinnert. Dass die Hochschulleitung diese Praktiken auch nur in die Nähe der wissenschaftlichen Reflexion und in die Nähe des von ihr propagierten Ziels der "Persönlichkeitsbildung" rückt, zeigt, wes Geistes Kind sie ist.

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  20. Die Broschüre gibt es beim Info-Point gratis :)

    Als ich um 17:22 Uhr geschrieben habe, wollte ich meine Antwort übrigens an 16:28 richten, nicht an 15:58, sorry.

    Ich glaueb auch nicht an böse Absichten, ich glaube vielmehr an einen unternehmerischen Habitus, der mit universitärem Denken so wenig vertraut ist, dass die Menschen tatsächlich nicht verstehen, wo das Problem ist.
    Spoun und Keller glauben tatsächlich, sie seien partizipativ, demokratisch und per se gut. Das ist das Problem: die ehtischen Unternehmer, man sieht, wie gut dieses Modell (nicht) funktioniert!

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  21. Mhm welche Interessen vertritt die BCG: http://www.bcg.de/expertise_impact/industries/gesundheitswesen/default.aspx

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  22. okay, das heißt, Spound und Keller wird nicht vorgeworfen, inhaltlich etwas falsch zu machen (11:20 Uhr), sondern sich (so verstehe ich den Beitrag von 11:20 Uhr) in Blog wie diesem hier angreifbar zu machen, weil es Menschen gibt, die BCG nicht mögen (12:20 Uhr). Das ist ja endlich mal ein Lacher!
    So, wie wäre es, wenn wir jetzt mal das Ergebnis der Startwoche diskutieren. Das ist ja echt super neo-liberal. Also dass da eine teilweise Abschaffung der Privaten Krankenkassen gefordert wird, dass ist schon echt eine Schweinerei.

    Wacht auf, ihr Verschwörungstheorie-Leute mit eurem Alle-realen-Welt-Menschen-runter-vom-Uni-Campus-Ansatz: Euer Gut/Böse-Schema entspricht den Denkprozessen von 5-Jährigen. Da der aufrechte Campus-Ritter, dort die bösen Neoliberalen Horden, die keine Ahnung vom universitären Habitus haben. Was macht ihr nur, wenn ihr irgendwann mal von der Uni in die echte Welt müsst? Ach so, müsst ihr ja nicht, ihr habt ja euren sicheren Lehrstuhl hier... haha...

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  23. Nein, ein Unternehmen darf nicht solchen Einfluss auf eine öffentliche Bildungseinrichtung haben. Es ist ja schön, dass unsere Erstis nicht ihr Hirn bei der Immatrikulation abgegeben haben. Das macht das Verhalten der Universitätsleitung aber nicht besser.

    Ich sage nochmal: Es muss nicht alles privatisiert werden, damit man Geld damit verdienen kann. Die öffentliche Hand ist ein idealer Beratungsempfänger und zahlt gern und gut dafür.

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  24. Vielen DAnk für den Beitrag 16:37, entspricht genau meinem Eindruck!
    Schwarz-Weiß-Malerei endet in einer Sackgasse!

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  25. noch zwei fakten zur ergänzung:
    - die startwoche wird komplett aus studiengebühren finanziert, da sie ein zusätzliches angebot für die studierenden ist und nicht zum regulären lehrangebot der leuphana universität lüneburg gehört.
    - die ergebnisse der startwoche werden - wie in den vorjahren auch - durch die uni und ihre partner (also die BCG) weiterverwertet.

    das heißt: die studierenden finanzieren mit ihren studiengebühren einen think tank für die BCG (es entsteht ja schon der eindruck, die komplette startwoche werde von der BCG veranstaltet - siehe oben) und führen ein riesiges brainstorming für eine unternehmensberatung durch. wenn von den studierenden nur 10 realisierbare ideen entwickelt werden, dann kann die BCG die für riesige beraterhonorare "weiterverwerten". als gegenleistung dafür bekommen die zahlenden studierenden werbung und selbstdarstellung der BCG frei haus geliefert.
    geiler deal.

    und davon gibt es viele weitere an der leuphana. schöne neue wissenschafts- äh wirtschaftswelt...

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  26. Wenn man das mit sich machen lässt... Wer evaluiert denn die Startwoche? Die Studiernenden finanzieren den ganzen Zirkus und haben kaum ein Mitspracherecht. Willkommen an der Leuphana.

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  27. Ja, genau, die BCG saugt hier die besten Ideen und verkauft sie dann gewinnbringend... Oh Mann, wer so etwas schreibt, braucht dringend mal selbst eine Beratung.

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  28. Das klingt ziemlich traurig, was da an eurer neoliberalisierten Eliteuni vor sich geht. Nach Lobbyhölle und stetiger Arbeit an sich selbst, um ein Top-Produkt zu werden. Geht ihr eigentlich bald an die Börse? Mein Studium war ganz anders, bei euch hätte es mich gegruselt. Aber noch ist es nicht zu spät, nein zu sagen...

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